Erfolgreiche Integration ist nicht nur ein finanzielles Problem

„Allein damit ist es nicht getan!“ mahnt Doris Mohr. Die Flüchtlinge mit ihrer anderen Religion und Kultur hier dauerhaft zu integrieren – und das müssen wir wohl in Anbetracht der Lage in Syrien, Eritrea und Afghanistan - erfordere weitaus mehr als Sach- und finanzielle Spenden sowie berufliche Perspektiven. Die Eingliederung in unsere Gesellschaft ist enorm wichtig. Eine Herausforderung, der sich Doris Mohr beinahe täglich gegenüber sieht.

 

So gibt es bei aller Toleranz auch hier Ressentiments gegen die Asylsuchenden. Insbesondere bei der Wohnungssuche wird das deutlich. „Nein, mit solchen Leuten wollen wir nichts zu tun haben“ oder „Wir vermieten nicht an Ausländer“, hört sie öfter am Telefon, trotz garantierter Mietzahlungen. „Das ist ein Riesenproblem“, weiß Doris Mohr, „aber wenn man einmal gesehen hat, in welch unzulänglichen Unterkünften einige Flüchtlinge auch hier in Bonn hausen müssen, dann muten diese kategorischen Antworten unbegreiflich an“. Natürlich versucht die Stadt, Unterkünfte für die vielen Menschen zu schaffen, aber preiswerter Mietwohnraum ist knapp. (Derzeit leben 925 Asylbewerber und Flüchtlinge aus 37 Ländern hier, Stand 27.4.2015, Quelle: www. Integration-in-bonn.de). Da sei privater Einsatz umso wichtiger. Die Reaktion der Leute auf die Flüchtlinge ist ganz unterschiedlich. Da treffen sie neugierige Blicke, wenn sie die achtjährige Avin mit ihren großen dunklen Augen und dem kohlschwarzen Haar an der Hand hält und sie miteinander schäkern. Andere drehen sich weg, sehen fort. Manche trauen sich und suchen ein Gespräch. Und auch Doris Mohr wird nicht müde, das Gespräch mit ihren Nachbarn, Freunden oder auch mit Wildfremden zu suchen.

 

Brücken bauen

Sie will aufmerksam machen auf das Schicksaal der Flüchtlinge und Brücken bauen zwischen den Menschen – hier wie dort. So nimmt sie Mohammad, Sevin, Avin und andere Flüchtlinge mit zum Adventssingen der Nachbarschaft, stellt sie auf Feiern Freunden und Bekannten vor, lässt sie teilhaben an christlichen Feiertagen, indem sie gemeinsam den Weihnachtsbaum schmücken oder Ostereier suchen, zeigt und erklärt ihnen deutsches Brauchtum. Dabei sieht sie sich als Vermittlerin zwischen den Menschen verschiedener Kulturen und versucht mit ihren Aktionen Berührungsängste auf beiden Seiten abzubauen. 


Weihnachten, Karneval, Ostern... "Auch deutsches Brauchtum sollten die Menschen fremder Kulturen einmal miterlebt haben.", sagt Doris Mohr, "Man muss nicht alles mögen, wichtig ist das Wissen darum und die Akzeptanz."


Dass es tiefe Gräben zwischen islamischer und deutscher Kultur und Religion gibt, ist kein Geheimnis. Ein Ausflug ins Haus der Geschichte, sagt sie, sei da besonders interessant gewesen. Die anschauliche Reise in die deutsche Geschichte habe viel Diskussionsstoff geboten und große Nachdenklichkeit bei der gesamten syrischen Familie ausgelöst. Spannend sei auch die Entdeckung eines öffentlichen Bücherschranks gewesen. „Wie so vieles Neue haben wir uns auch den Bücherschrank näher angesehen und ich habe das Prinzip erklärt“, erzählt die Rentnerin. „Wir haben uns einige Bücher angeschaut und dann fiel mir das Grundgesetz in die Hände. Ich nahm es heraus, schlug die ersten Seiten auf und las daraus vor. Für gespitzte Ohren hat vor allem Artikel 3 des Grundgesetzes gesorgt, in dem

es u.a. heißt: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

 

Pochen auf Grundrechte für einen freien Staat:

 

Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Artikel 2: Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persön-

                   lichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt...

Artikel 3: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

                  (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt.

Artikel 4: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit

                   des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses ist

                   unverletzlich.

         .....

 

Wie wichtig das Pochen auf gerade diese Passage des Grundgesetzes ist, habe sie etwas später am eigenen Leib erfahren. Ein Syrer, für den sie sich ebenfalls einsetzt, weigerte sich, die von ihr zur Begrüßung gereichte Hand zu nehmen. Ein Verhalten, das in islamischen Ländern durchaus typisch ist, weiß Doris Mohr. „Aber“, so sagt sie, „das muss ich in Deutschland nicht tolerieren. Es war vielleicht nur eine Kleinigkeit, aber sie macht deutlich, dass auch die Flüchtlinge gewisse Grundeinstellungen überdenken müssen, wenn sie hier dauerhaft Fuß fassen wollen.“ Beide Seiten müssen bereit sein, über ihren Schatten zu springen. Flexibilität im Denken und Fühlen sei gefragt – hüben wie drüben.

 

Ob Doris Mohr all das schon geahnt hat, als sie anfänglich anbot, einem Syrer Sprachunterricht zu geben? „Ganz klar, nein.“ sagt sie. „Erst nach und nach wurde mir klar, dass Flüchtlingshilfe sehr viel mehr ist als das. Vor über einem Jahr habe ich mich entschieden, etwas zu tun und habe mich auf den Weg gemacht. Dieser Weg führte mich immer weiter und tiefer hinein in die verschiedensten Bereiche der Flüchtlingshilfe.“ Was aber treibt sie an zu einem derart unermüdlichen Engagement für die Flüchtlinge? „Neben Behördengängen, Sprachunterricht und dem Sammeln von Spenden sehe ich meine Hauptaufgabe darin, die Menschen bei der Hand zu nehmen, sie mit dem Leben, den Werten und Gebräuchen hier vertraut zu machen und ihnen die Chancen, die sich daraus ergeben, aufzuzeigen. Umgekehrt erfahre ich selbst eine ungeheure Bereicherung an menschlicher Wärme, kulturellen Neuentdeckungen und selbstloser Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung, die ich zuvor nie für möglich gehalten hätte“, resümiert sie ihr Engagement.

  

Der Bericht könnte noch viele Seiten füllen über die Schicksale der Flüchtlinge, die Erfolge

und Rückschläge auf der Suche nach neuer Heimat. Frau Mohr betont zuletzt: „Die Liste der hier nicht genannten freiwilligen Helfer vor Ort ist lang. Ihnen allen gebührt Anerkennung und großer Dank für ihr Herzblut und Engagement, mit dem sie sich für Menschen in Not einsetzen!“


Frau Mohr hat dank der großen Spenden- und Hilfsbereitschaft vieler Menschen schon allerhand für "ihre" Flüchtlinge erreicht. Um Flüchtlinge auch weiterhin  effektiv betreuen zu können, bittet sie um ganz konkrete  Spenden und Mithilfe:

Wie und womit Sie helfen können erfahren Sie hier.