Lateinamerikanische Lebensfreude und Armut Hand in Hand auf der Schulbühne des CvO

Ückesdorf. Rhythmus, Tradition und eine  Unterhaltung auf Spanisch mit Mutter-sprachlern, all das und mehr bot das Bolivianische Teatro Trono den Schülerinnen und Schülern am CvO. In vier kurzen Episoden stellten die Schauspieler unterschiedliche Aspekte ihrer Lebens-wirklichkeit in einer der ärmsten Städte der Welt dar. Dabei vermischten sie Humor und Dramatik mit den Techniken von Pantomime, Clownerie und Populärtheater zu einer einzigartigen Melange. Selbst existentielle Probleme wie die Verarmung und der Hunger der Menschen in El Alto, vermittelten die Akteure in ihrem lebendigen Spiel mit angenehmer Leichtigkeit und dennoch sehr eindringlich. Darüber hinaus erzählten ihre Stücke von der Liebe und dem Familienleben in El Alto sowie von Traditionen, die einerseits Halt bieten anderseits aber den Fortschritt ausbremsen. Aller Alltagsproblematik zum Trotz begeisterte die sechsköpfige Theatergruppe die hiesigen Schülerinnen und Schüler auch mit lateinamerikanischer Lebensfreude, die im Rhythmus ihrer Musik, den Tänzen und der farbenfrohen traditionellen Kleidung zum Ausdruck kommt. Insgesamt war es eine gelungene Bühnenshow, die von den jungen Zuschauern mit viel Lob und Applaus bedacht wurde. Danach hatten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, ihre Spanischkenntnisse im Gespräch mit den Schauspielern zu testen und mehr über sie und das Leben in Bolivien zu erfahren. Klara Leinen, die gerade von einem einjährigen Freiwilligendienst im Jugendzentrum INTI in El Alto zurückgekehrt ist, leistete insbesondere für die Sechstklässler, Übersetzungshilfe.

Es war bereits das zweite Mal, dass eine Gruppe des bolivianischen Theaters „Teatro Trono“ aus El Alto auf Deutschlandtour war und auch im CvO auftrat. Das Teatro Trono besteht aus

mehreren Ensembles, die sich selbst finanzieren müssen. So unterstützte der Ausschuss für Internationales und Nachhaltigkeit der Bonner Stadtverordnetenversammlung die Auftritte großzügig. Freiwillige Spenden anstelle von Eintrittsgeld trugen außerdem zur Finanzierung der Theatergruppe bei. Darüber hinaus gehende Spendenbeiträge kommen dem Jugendzentrum INTI in El Alto zugute. Hier absolvierte Klara Leinen, ehemalige Abiturientin am CvO, ein Jahr lang einen Freiwilligendienst, in dem sie sich in der Jugendarbeit engagierte. Dort brachte sie den Kindern und Jugendlichen Lesen und Schreiben bei und unterrichtete sie auch in anderen Fächern. Nicht zuletzt aufgrund dieser konkreten Verbindung spendete das CvO dem INTI bereits im letzten Jahr 500 Euro aus der Kollekte eines Schulgottesdienstes sowie aus Spenden, die anlässlich eines Auftritts einer anderen bolivianischen Theatergruppe, zusammen kamen. Von den Spendengeldern konnte das Jugendzentrum Sprungmatten anschaffen und somit sein sportliches Angebot erweitern. Auch die Spenden des aktuellen Auftrittes des Teatro Trono waren für das INTI bestimmt.

 

Millionenstadt mit großen sozialen Problemen

Der Titel „Arriba El Alto“ des Theaterstücks, das die Truppe aus El Alto vor kurzem am CvO aufführte, verrät gleichzeitig etwas über deren Herkunft: El Alto liegt auf einer Höhe von 4000 Metern direkt oberhalb (arriba = oben, empor, darüber) der Hauptstadt La Paz. Die Hochebene ist von Industrie geprägt und gehört zu den am schnellsten wachsenden Städten der Welt. Mittlerweile ist El Alto die zweitgrößte Stadt Boliviens und hat sich aus dem Nichts heraus aus einer Ansammlung von Besitzlosen und Bettlern zu einer Millionenstadt entwickelt. Etwa 50 % der Bevölkerung sind 19 Jahre alt und jünger, nur 18 % der Bevölkerung sind älter als 39 Jahre. Das Leben der Einwohner ist von Armut bestimmt: 70 % der Einwohner dort leben unter der Armutsgrenze, über 80 % sind Analphabeten. Das Leben der jungen Leute ist geprägt von einer hohen Arbeitslosenquote und Perspektivlosigkeit.

 

Die Kunst als Sprachrohr und Weg aus der Arbeitslosigkeit 

Aus dieser Situation heraus hat sich das Teatro Trono vor 20 Jahren gegründet. Die ehemaligen Straßenkinder aus einer Erziehungsanstalt von El Alto begannen unter Leitung des Sozialarbeiters und Theaterpädagogen Ivan Nogales, Theater zu spielen. Die Bühne half den Kindern dabei, ihren Erfahrungen Ausdruck zu verleihen und traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Heute ist das Teatro Trono ein Volkstheater auf hohem Niveau. Mit ihrer ausdrucksstarken Körpersprache und der traditionellen Begleitmusik aus Bolivien kreieren die Gruppen Bilder auf der Bühne, die ihre Botschaften auch nonverbal eindrucksvoll vermitteln. Durch die Arbeit von Teatro Trono ermutigt, erlangten auch andere engagierte Künstergruppen aus El Altro Bekanntheit und versuchen so ihre misslichen sozialen Umstände in Eigeninitiative zu verbessern. Mit ihren Auftritten außerhalb der Heimat wollen die Schauspieler auch auf Umweltthemen, wie Luftverschmutzung, wachsende Müllberge, Produktionsverfahren auf Kosten der Arbeiter und vieles mehr,  aufmerksam machen. Folgen, die die Globalisierung mit dem Einzug multinationaler Konzerne nach Bolivien mit sich bringen.

 

Die Stadt Bonn verbindet eine Klimapartnerschaft mit La Paz und auch das CvO plant eine Schulpartnerschaft mit der deutschen Schule in La Paz.

 

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