26 Jahre Kleiderstube in Röttgen- viel mehr als nur eine Kleiderstange

roettgen-online im Gespräch mit der Gründerin der Kleiderstube 

 

Es ist kein Geheimnis: die meisten von uns besitzen viel mehr als sie tatsächlich brauchen. In den Kleider-, Wohnzimmer- und Küchenschränken fristen viele Kleidungsstücke, Kaffeeservices, Gläser Pfannen und Töpfe ein unbeachtetes Schattendasein. Zum Wegwerfen zu schade, zum Behalten zu klein, zu unmodern oder einfach nur überflüssig. Dann stellt sich die Frage: Wohin damit? Antwort: In die Kleiderstube nach Röttgen. Hier sind all diese Dinge willkommen und finden immer einen dankbaren Abnehmer. Wie aber waren die Anfänge der Kleiderstube, was leistet sie noch alles hinter den Kulissen, wo geht die Entwicklung hin und wie hat das soziale Engagement die Initiatorin selbst geprägt? roettgen-online traf sich mit einer, die es wissen muss: Cornelia Bross, Gründerin der Kleiderstube.

 

Cornelia Bross, seit 26 Jahren im Einsatz
Cornelia Bross, seit 26 Jahren im Einsatz

Frau Bross, seit 26 Jahren betreiben Sie die Kleiderstube in Röttgen, eine lange Zeit. Was treibt Sie an?

Die Arbeit habe ich mir selbst ausgesucht und sie macht mit nach wie vor sehr viel Spaß. Ich komme gern mit Menschen in Kontakt und freue mich, wenn ich Menschen, denen es nicht so gut geht, sinnvoll helfen kann.

 

Röttgen zählt zu den privilegierten Regionen in Bonn, wie sind Sie auf die Idee gekommen gerade hier eine Kleiderstube einzurichten?

Damals lebten hier noch viele deutschstämmige Aussiedlerfamilien aus Polen und Russland. Sie waren in einem Übergangsheim - da, wo jetzt der Aldi steht- untergebracht. Die Kinder dieser Familien gingen hier zur Schule. Eines Tages kam meine Tochter von der Grundschule nach Hause und wunderte sich darüber, dass diese Kinder im Oktober immer noch in Sandalen herumliefen. Daraufhin schaute ich einmal genauer hin. Ich stellte fest, dass diese Leute wirklich nur sehr wenig besaßen und sich neue, warme Kleidung kaum leisten konnten. Gemeinsam mit einer Freundin habe ich dann die erste Kleidersammelaktion im Ort gestartet.

 

Was passierte dann?

Ja, das war eine tolle Sache. Auf der einen Seite gab es den Überfluss und auf der anderen den Mangel. Wir wollten einen Ausgleich schaffen und das funktionierte sehr gut. Anfangs durften wir die Sakristei der katholischen Kirche hier in Röttgen als Sammel- und Ausgabenraum nutzen. Aber der wurde schon bald zu klein und so zogen wir in einen ehemaligen Klassenraum der alten Hauptschule in der Dorfstraße um. In Eigenarbeit haben wir uns den Raum mit Umkleiden, Regalen und Ständern eingerichtet. Im Laufe der Zeit fanden sich immer mehr freiwillige Helferinnen. Heute sind wir ein  Team von 18 sehr engagierten Frauen unabhängig von Konfession, Parteien oder sonstigen Gruppierungen.

Frauenpower in der Kleiderstube: Mechtild Mause (u. li), Heidi Jentzen (re.), Heidi Beißel (hinten re.), Doris Meyer (Mitte) u. Cora Bross (oben li.)
Frauenpower in der Kleiderstube: Mechtild Mause (u. li), Heidi Jentzen (re.), Heidi Beißel (hinten re.), Doris Meyer (Mitte) u. Cora Bross (oben li.)

Die Kleiderstube ist nur zweimal in der Woche für eine Stunde geöffnet, in den Schulferien sogar komplett geschlossen, lohnt sich das überhaupt?

(Schmunzelt). Ja, man glaubt es kaum. Wir führen seit Jahren Strichlisten, in denen wir festhalten wie vielen Menschen wir im Jahr helfen. Im Jahr 2006 haben 1050 Personen die Kleiderstube besucht, im Jahr 2010 waren es schon 1413 und 2011 kamen 1259 Personen zu uns. Wir führen die Strichlisten zwar immer noch, leider hatte ich in den letzten Jahren nicht die Zeit sie auszuwerten. Wenn ich mir die Listen aber so anschaue, denke ich, dass sich die Zahlen auf 1200 bis 1500 Nutzer pro Jahr eingependelt haben. Unsere Abnehmer kommen aus dem gesamten Bonner Raum, einige sogar aus Königswinter.

 

Welche Arbeiten fallen außerhalb der Öffnungszeiten noch an?

Die Spenden müssen sortiert und oft auch abgeholt werden. In der Kleiderstube muss aufgeräumt und geputzt werden. Manchmal müssen auch noch Kleidungsstücke gewaschen werden, bevor sie in die Regale der Kleiderstube eingeräumt werden können.

Abgesehen davon halten meine Mitstreiterinnen und ich stets Augen und Ohren offen, wo es auch außerhalb von Röttgen Bedarf und Spenden gibt. Bei Wohnungsauflösungen zum Beispiel helfen wir auch gern weiter.


Die Vermittlung von Möbeln, Büchern und großen Elektrogeräten läuft dann außerhalb der Kleiderstube...

Ja, genau. Mittlerweile haben wir uns ein großes Netzwerk im privaten Bekanntenkreis und auch mit anderen wohltätigen Organisationen aufgebaut, so dass auch Überbleibsel aus Wohnungsauflösungen dorthin vermittelt werden können, wo sie dringend gebraucht werden und nicht in der Müllpresse landen. Genau genommen sind wir also immer im Einsatz.

 

Was war Ihr größter Coup außerhalb der Kleiderstube?

Ich habe einen syrischen Nachhilfeschüler, dessen zwei Onkel aus Syrien flüchten mussten. Beide haben sehr viel Elend und Gewalt in ihrer Heimat miterlebt. Einige ihrer engsten Verwandten  wurden dort während der Kämpfe getötet. Mit Nichts kamen die beiden nach Deutschland...


...fanden dann aber in Röttgen eine bescheidene, unmöblierte Wohnung.

Stimmt. Und als ich die beiden Herren besuchte stellte ich fest, dass sie tatsächlich weder Tisch noch Bett geschweige denn Stühle oder eine Wohnzimmergarnitur hatten; selbst die simpelsten Dinge wie Handtücher, Rasierklingen und vieles andere fehlten. Auch in diesem Fall funktionierte unser Netzwerk wunderbar. In kürzester Zeit konnten wir den beiden eine Couchgarnitur, eine Küche, weitere Einrichtungsgegenstände und sonstige Utensilien für den Alltag besorgen.


Zettelwirtschaft mit System: Auf den Karteikarten führen die Mitarbeiterinnen der Kleiderstube genau Buch über die Herausgabe von Spenden. Jeder wird bedacht und niemand übervorteilt.
Zettelwirtschaft mit System: Auf den Karteikarten führen die Mitarbeiterinnen der Kleiderstube genau Buch über die Herausgabe von Spenden. Jeder wird bedacht und niemand übervorteilt.

In dem beschriebenen Fall konnten Sie sich selbst davon überzeugen, dass die Hilfe bedürftigen Personen zu Gute kam. Für die Nutzung der Kleiderstube ist ein Bonn-Ausweis zwingend. Dieser bestätigt dem Träger minimale finanzielle Einnahmen und muss regelmäßig bei der Stadt Bonn neu beantragt werden. Nun könnte der ein oder andere aber auf die Idee kommen, sich durch häufige Besuche der Kleiderstube sein "Köfferchen" voll zu packen, um die erstandenen Sachen mit Profit zu verkaufen.

Nein, das geht nicht, denn wir führen ein eigenes Karteikartensystem, in dem wir genau vermerken wer, wann, was bekommen hat. Es ist uns wichtig, dass alles gerecht verteilt wird und kein Missbrauch mit den Spenden betrieben wird. Darauf achten meine Mitarbeiterinnen und ich sehr. Schließlich stehen wir auch in der Pflicht unseren Spendern gegenüber, die sich darauf verlassen, dass alles in die humanitäre Hilfe fließt.

 

Mit welchen anderen wohltätigen Organisationen arbeiten Sie zusammen?

Das ist zum einen die Caritas, dann Oxfam, "Helfende Hand" uns AsA (Ausbildung statt Abschiebung). Zudem ist die Kleiderstube bei vielen Kirchengemeinden bekannt und auch der Kontakt zur Stadt Bonn ist gut.

 

Die Caritas kennt jeder, dass die Kirchengemeinden viele wohltätige Projekte leiten ist auch allgemein bekannt. Aber was ist z.B. mit Oxfam? Dort werden die Sachen doch verkauft. und was verbirgt sich hinter der "Helfenden Hand"?

Menschen, die zu uns in die Kleiderstube kommen benötigen funktionelle Kleidung für jeden Tag. Deshalb leiten wir hochwertige, exklusive Kleidungsstücke wie Abendkleider, Smokings, schicke Anzüge oder hochwertige Pullover und Blusen an Oxfam weiter, einen weltweit tätigen Verein. Dort werden die Sachen tatsächlich auch verkauft. Der Erlös geht aber in wohltätige Zwecke. "Brunnen für Afrika" war zum Beispiel ein Projekt, dass von Oxfam finanziert wurde.


Den Initiator der Organisation "Helfende Hand" kennen Sie schon sehr lange.

Schon 26 Jahre. Als ausgesiedelter Russland-Deutscher lebte er damals mit seiner Familie im Röttgener Übergangsheim. Inzwischen ist er hier bestens etabliert. Seine Heimat hat er aber nie vergessen und die Not der Menschen dort kennt er nur zu gut. Schon seit Jahren fährt er regelmäßig auf eigene Kosten nach Rumänien und Moldawien, um hiesige Spenden in den dortigen Waisenhäusern und Altenheimen zu verteilen. Viele Familien kennt er sogar persönlich. Seine Berichte und Fotos von den ärmlichen Zuständen in seiner Heimat berühren meine Mitarbeiterinnen und mich immer tief und zeigen uns, dass die Hilfe auch tatsächlich dort ankommt, wo sie benötigt wird.

 

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Oft herrscht in der Kleiderstube ein ziemliches Gedränge. Ein größerer Raum hier in Röttgen wäre schön. Dann hätten wir mehr Lagerfläche, könnten die Umkleiden vergrößern und alles etwas komfortabler gestalten.

 

Cora Bross voll in ihrem Element. Hier wird jeder freundlich bedient.
Cora Bross voll in ihrem Element. Hier wird jeder freundlich bedient.

In 26 Jahren Kleiderstube haben Sie sicher eine Menge gesehen und erlebt. Wie hat dieses Ehrenamt Sie geprägt?

Während dieser Jahre habe ich viele menschliche Schicksalsschläge miterlebt. Menschen, die ohne eigenes Verschulden in Not geraten sind. Durch unglückliche Verkettungen, die auch jedem von uns hätten passieren können. Da wird man oft nachdenklich und weiß die Dinge zu schätzen, die man hat. Insgesamt kann ich für mich sagen, dass die Arbeit in der Kleiderstube meinen Blick auf und für andere geöffnet und erweitert hat. Ich reflektiere mehr.

 

Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen, Sie reflektieren mehr? Wo zum Beispiel hat bei Ihnen ein Umdenken stattgefunden?

Nun ja, so ein Stammtischgerede wie "die sind ja selbst schuld" oder "die wollen es ja nicht anders, sollen sie sich doch Arbeit suchen, anstatt auf unsere Kosten zu leben", kann ich einfach nicht mehr hören. Ja, natürlich gibt es einige, die staatliche und private Hilfen bis zum Letzten ausnutzen. Aber es gibt eben auch immer die Anderen, auf die das nicht zutrifft. Die meisten haben nur eine schlechte oder gar keine Ausbildung, für sie ist es mehr als schwer hier Fuß zu fassen. Einige von Ihnen haben Glück und schaffen es dennoch. Viele jobben für geringes Gehalt, das reicht aber meistens nicht, um die Wohnungsmiete zu bezahlen und eine Familie durchzubringen. Sie sind trotz guten Willens auf unsere Hilfe angewiesen. Das gute Gefühl hier helfen zu können macht den Ärger über die Sozial-Trittbrettfahrer mehr als wett.

 

Eine letzte Frage: Wenn Sie sich einen Schutzpatron für die Kleiderstube auswählen könnten, welcher wäre das?

Na, da fällt mir spontan der Heilige Martin ein. Der hat auch seinen Mantel geteilt. Aber keine Sorge, unsere Abnehmer erhalten keine halben Sachen, bei uns wird es auch weiterhin ganze Mäntel und Kleider geben. Wir begnügen uns damit die Dinge umzuverteilen und teilen unsere Zeit.

 

Man sieht, die Gründerin der Kleiderstube ist nach wie vor mit viel Engagement und Herzblut dabei. Wie sonst hätte die Kleiderstube in Röttgen zu einer derart festen Institution werden können, die hoffentlich auch in Zukunft nicht mehr aus dem Ort wegzudenken sein wird. Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Hier erfahren Sie mehr über die Öffnungszeiten und Nutzungsbedingungen der Kleiderstube.


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Kommentare: 1
  • #1

    Sergiu Trebis (Montag, 01 Februar 2016 11:44)

    In Moldova the total number of persons with disabilities is about 184 345 people with disabilities (of which about 13 021 - children), including degrees of disability:
    - Severe degree - 27 625 persons (including children with severe degree - 5423);
    - High degree - 119 929 people (including children with accentuated degree - 5282);
    - Average grade - 36 791 persons (including children featuring average - 2316).
    Moldova showed interest in the development and promotion of policies on social inclusion of people with disabilities, and adjusting national legislation in force at the international provisions by ratifying the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities, Law no. 166-XVIII of 09.07.2010.

    We disabled the city Orhei, Moldova, consisting of 2,500 of the city and from 4500 villages of the area, we really need your help, clothes, shoes, wheelchairs, medical mattresses, beds, and other assistance, which you are able to help. Other help we can't. There comes the autumn, winter, and we are the most vulnerable people with small pensions that are not enough for food and utilities, let alone can't cope without someone's help. We implore you to help us cope with this life lack. Sincerely chairman: Sergiu Trebis.


    Asociaţia de binefacere a invalizilor din R Moldova ,,ORHEIUL VECHI "
    NGO Association of advantages for invalids of R Moldova ,,Orheiul Vechi”

    Adress: MD-3505, ORHEI, str. C. Negruzzi - 53
    Republica Moldova

    Tel / Fax.: +373 235 24 883
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    Dear Ladies and Gentlemen!

    We are non-government juridical self-financial non-profit apolitical and social organization! That’s why we ask for the help abroad countries and to sponsors and partners from abroad, who really are able to help disabled people with financial and humanitarian aid to invalids grade 1,2,3, to children, people in age and people in need. It can be offered in clothes, shoes, glasses, medical equipment, furniture and other things.
    The NGO ’’Orheiul Vechi’’ and all disabled people and children ask you sincerely to give us the answer if it is possible to offer us help.
    Our organization will give you photos, contracts, appellations, CDs and all documents you need to insure you that our work is real. Please, give us all necessary answers for the questions because we have to insure people with a hope of a small care. We will be recognized to you for your collaboration with our organization, having a hope to continue our relation and for our future contacts.
    Our organization, leads our work on the territory of the Kurki monastery, district Orhei. The distribution of humanitarian aid has a charity aim .Long ago it became as a way of normal life for disabled people in all countries.
    WE WILL BE RECOGNIZED TO YOU FOR OFFERED HELP!
    The Chief of NGO ’’Orheiul Vechi’’ the President of Association for disabled people Orhei
    Sergiu Trebis